KI für Schülerinnen und Schüler: Prompts und Tipps für den Lernalltag
Längst hat es sich in vielen Klassenzimmern auf der ganzen Welt herumgesprochen: ChatGPT erledigt komplexe Hausaufgaben im sprachlichen Bereich im Handumdrehen. Doch KI soll nicht die Eigenleistung der Schülerinnen und Schüler ersetzen. Handlungskompetenzen und methodisches Arbeiten sind weiterhin wichtige Fähigkeiten, die in der Schule erlernt werden sollen. So reicht es eben nicht aus, dem Bot ein Hausarbeitsthema stumpf zu übergeben, die Antwort kritiklos zu übernehmen und formal geschönt abzugeben. Prompts müssen geschickt erstellt und die ausgespuckten Ergebnisse kritisch hinterfragt werden, auch von den Schüler*innen. In diesem Artikel stellt Dir Autor Rainer Hattenhauer eine Auswahl an Anwendungsbereichen aus dem Schulalltag vor, in denen Du KI-Tools sinnvoll einsetzen kannst, und gibt Dir nützliche Prompts fürs Lernen aus der Perspektive von Schüler*innen.
Literarische Zusammenfassungen und Analysen
Nach wie vor sind Pflichtlektüren ein wesentlicher Bestandteil des Deutschunterrichts. Nun ist es sicher nicht Sinn der Sache, komplett auf das Lesen zu verzichten und sich ausschließlich darauf zu verlassen, dass ChatGPT eine komplette Zusammenfassung der Lektüre präsentiert. Wie so oft im Leben gilt auch hier: Die Mischung macht’s. Mit diesen Prompts hilft Dir ChatGPT dabei:
Fasse das Prosastück "[Titel]" von [Autor] zusammen (maximal 200 Wörter). (Bei Bedarf liefere den Originaltext direkt mit.)
Interpretiere nun das obige Prosastück "[Titel]" von [Autor].
Vergleiche die Figur des Ich-Erzählers und seine Situation in der Erzählung "[Titel]" von [Autor] mit der Figur [Name] und ihrer Situation in Roman "[Titel]" des Autors [Autor].
Aufsätze & Co.
Werde selbst kreativ und versuche, Deine eigenen Gedanken zu Papier zu bringen. Der Klassiker: Ein Aufsatz soll zu einem vorgegebenen Problem geschrieben werden. Stell Dir vor, Du bist Schüler oder Schülerin der Mittelstufe und Deine Lehrerin hat Dir ein bestimmtes Thema als Hausaufgabe gegeben. Jetzt geht es nicht darum, dass der Chatbot Dir einen ganzen Text dazu schreibt. Vielmehr sollst Du ihn um Ideen bitten, die Du selbst kritisch überdenkst. Zum Beispiel so:
Ich bin Schülerin einer 8. Klasse an einem Gymnasium. Meine Erdkundelehrerin hat uns als Hausaufgabe einen Aufsatz zu folgendem Thema aufgegeben: "[Thema]". Könntest du mir dazu einige Ideen liefern?
Die gelieferten Ideen kannst Du nun mit weiteren Informationen füllen bzw. ganze Sätze daraus formulieren. Bei Schreibblockaden kann Dir ChatGPT auch hier helfen. Nach Fertigstellung Deines Aufsatzes solltest Du ihn immer noch einmal durch eines der bekannten Rechtschreibprüfprogramme, wie DeepL Write oder LanguageTool, laufen lassen, um Grammatik-, Stil- und Rechtschreibfehler zu beseitigen. Für eine bestimmte Gruppe von Lernenden sind KI-Bots geradezu eine Offenbarung: Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche oder generell mit einer Behinderung. Hier leisten ChatGPT & Co. wertvolle Hilfe im Bereich der Inklusion. Insbesondere Legastheniker*innen können davon sehr profitieren.
KI im fremdsprachlichen Unterricht
Eine klassische Disziplin des Fremdsprachenunterrichts ist das Lernen neuer Vokabeln. Niemand hat mehr Lust, die Vokabeln einer Fremdsprache stumpf in Form von ellenlangen Listen auf Papier oder Karteikarten zu pauken. Der Chatbot kann Dich dabei im Digitalzeitalter hervorragend unterstützen. So wird er zu Deinem persönlichen Vokabellernassistent:
Du bist mein Lehrer, der mir französische Vokabeln beibringt. Ich möchte die französischen Vokabeln zu den wichtigsten Farben (Rot, Gelb, Grün, ...) gemeinsam mit dir lernen. Gib mir zunächst eine Tabelle mit den Farben auf Französisch und ihrer deutschen Übersetzung. Wenn ich den Befehl "Start" eingebe, gibst du mir eine französische Vokabel für eine Farbe vor, die ich ins Deutsche übersetzen muss. Wenn ich 5 Vokabeln nacheinander richtig übersetzt habe, habe ich den Test bestanden.
Möchtest Du spezielle Vokabeln, z. B. aus einem französischen Lehrbuch, lernen, so müssen diese zunächst dem Bot bekannt gemacht werden. Das kannst Du mühsam durch Eingabe der Vokabeln per Hand als Text machen, oder Du scannst die entsprechende Lehrbuchseite und wandelst die im Scan enthaltenen Vokabeln automatisch in Text um. Das beherrscht mittlerweile jedes beliebige Smartphone.
Unterstützung bei Referaten und Präsentationen
Die Präsentation sollte immer das Sahnehäubchen einer sorgfältigen Recherche zum Thema sein. Insbesondere ist es hier wichtig, die aus dem Netz entnommenen Fakten mit Quellenangaben zu belegen – bekanntlich eine latente Schwäche von ChatGPT. In diesem Fall ist es sinnvoller, die Faktenrecherche zu einer von ChatGPT generierten Präsentation mit KI-basierten Suchmaschinen durchzuführen, die auch die entsprechenden Links zu ihren Ausführungen liefern. Aus den Quellen extrahiert man dann stichwortartig die Fakten zur Präsentation und überprüft, ob ChatGPT nicht halluziniert.
Hier ein Beispiel: Du sollst im Physikunterricht ein Referat halten zum Thema: »Hat die erste Mondlandung 1969 wirklich stattgefunden?« Dieses Thema ist insofern kritisch zu recherchieren, als es im Internet viele Seiten von Verschwörungstheoretiker*innen gibt, die meinen, Hollywood habe dieses Spektakel inszeniert. Es ist also möglich, dass die KI beim Training auch Inhalte solcher Seiten verwendet hat. Schau Dir an, was ChatGPT zu diesem Thema zu bieten hat, und lasse auch gleich die Folieninhalte für eine Präsentation mit dem folgenden ausgeklügelten Prompt generieren:
Du bist Schüler an einem Gymnasium in einem Physikkurs der 11. Klasse und sollst eine Präsentation zum Thema "Hat die erste Mondlandung im Jahr 1969 wirklich stattgefunden?" erstellen. Der Aufbau der Präsentation soll folgendermaßen gestaltet sein: Du nennst auf jeder Folie einen Kritikpunkt der Verschwörungstheoretiker/ Skeptiker. Die Kritikpunkte sollen durch physikalisches und technisches Hintergrundwissen entkräftet werden. Erstelle mir 5 Folien für eine PowerPoint-Präsentation, die die 5 meistgenannten Fakten der Skeptiker als Überschrift enthalten. Im Text jeder Folie soll die Gegenargumentation mit Spiegelpunkten erfolgen. Es sollen nicht mehr als 5 Spiegelpunkte auf jeder Folie enthalten sein.
Der Experte für Computer und Technik
Rainer Hattenhauer ist promovierter Physiklehrer und unterrichtet Physik, Mathematik und Informatik an einem Gymnasium. Neben seiner schulischen Tätigkeit ist der Technik-Nerd seit mehr als zwei Jahrzehnten Autor aus Leidenschaft. Das zeigt sich auch in seiner Begeisterung für künstliche Intelligenz und deren sinnvollen Einsatz in unterschiedlichen Lebensbereichen. In seinen Büchern findest Du verständliche Anleitungen und viele nützliche Tipps – ganz nach dem Motto »Mit einfachen Worten komplexe Sachverhalte zu erläutern, das ist genau meine Welt!«
→ Aktuelle Bücher des Autors
→ Website von Rainer Hattenhauer
ChatGPT als Gesprächs- und Diskussionspartner
Du hast den Bot bereits als Kommunikations- und Lernpartner kennengelernt, indem Du mit ihm neue Vokabeln gelernt hast. Nun begeben wir uns in den gesellschaftswissenschaftlichen Bereich und möchten trainieren, wie man fundiert diskutiert oder sich austauscht.
Stell Dir vor, Du möchtest einmal einen Einblick in das Leben im Mittelalter erhalten. Oder Du möchtest mit jemandem eine Diskussion zu einem kontroversen Thema führen. So kannst Du Dir recht gut bestimmte Argumentationsweisen antrainieren oder auch abgewöhnen. Hier zwei Beispiel-Prompts:
Du bist Bauer auf einem mittelalterlichen Markt und stehst mir für Fragen und Antworten zur Verfügung. Die Fragen beziehen sich nicht nur auf deine Produkte, sondern beschäftigen sich auch mit deiner Position in der Gesellschaft des Mittelalters und der allgemeinen politischen Situation. Ich werde dir jetzt einige Fragen stellen. Bestätige meine Anweisung und antworte mir mit den Worten: "Oh edler Herr, was kann ich für Euch tun?"
Du bist ein strikter Befürworter der Kernenergie und sollst mit mir eine Diskussion führen, ob es sinnvoll ist, auf Kernenergie zu setzen oder nicht. Gehe dabei streng logisch in deiner Argumentation vor und versuche mich davon zu überzeugen, dass der Klimawandel nur durch die friedliche Nutzung der Kernenergie abzuwenden bzw. abzumildern ist.
Mit diesen Beispielprompts hast Du nun nützliche Werkzeuge an der Hand, die Dich bei regelmäßigen Aufgaben Deines Schulalltags unterstützen. Bei der Nutzung verstehst Du KI nun als Deinen persönlichen Assistenten, der Dir bei schulischen Fragen zur Seite steht. Zudem geht KI auf unterschiedliche Lernbedürfnisse ein, die Du mit Deinen Prompts widerspiegeln kannst, KI fördert auch Kreativität und kritisches Denken und entwickelt bzw. verbessert letztlich auch digitale Kompetenzen von Schüler*innen.
Es sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass ChatGPT nicht immer zu 100 % richtig liegt. So kann es vorkommen, dass Du den Bot mit Zusatzinformationen füttern musst. Grundsätzlich solltest Du die Ergebnisse von ChatGPT immer gegenprüfen, denn: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.« Viel Spaß beim Testen!
Die Inhalte auf dieser Seite stammen aus dem Buch »ChatGPT & Co.«. © Rheinwerk Verlag generiert mit ImageFlash (1), Rainer Hattenhauer (2)
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